1700 Jahre Sankt Martin – Mann des Friedens und der Barmherzigkeit
Ansprache zur Einweihung der Martinstür am 5. Mai 2016, von Pfr. Kuno Hauck
Eine Goldader im schwarzen Gestein. Ein überwältigendes Strahlen auf dunklem Grund. 4 Meter schwarzes Metall ragen in den Himmel, dunkel und bedrohlich. Schwarz macht Angst - Gold lockt an. Gold ist Verheißung! Gold sagt uns: Hier finden wir etwas Wertvolles, etwas Kostbares, etwas Einzigartiges. Nicht zufällig wurden besondere Menschen im Glauben schon von jeher mit einem „Nimbus“, einer Aureole, einem goldenen Heilgenschein dargestellt. Im Kunstwerk begegnet uns das Heilige, umgeben vom Dunkel.
Für manchen ist das dunkle Schwarz ein Symbol für unsere Welt, mit all dem Negativen, was wir täglich erleben. Für andere ist es ein Zeichen für einen geheimnisvollen Ort, an dem sich ein verborgener Schatz befindet, den es zu bergen gilt. Beide Interpretationen finde ich passend für unsere Martinstür. Es kann heißen: In dieser dunklen Welt, wo es wenige Lichtblicke gibt, da gibt es eine Lichtgestalt, ein Vorbild des Glaubens.
Von Jesus wissen wir, dass er gesagt hat: „Ich bin das Licht der Welt“. Aber wer kann schon so sein wie Jesus, der Gottes Sohn war. Doch niemand von uns. Daher brauchen wir die Vorbilder des Glaubens, die Heiligen. Männer und Frauen, die zeigen, dass es möglich ist, als ganz normaler Mensch die Welt zu verändern.
Das Gold, das in die Welt strahlt, ist hier im Kunstwerk Martin von Tours. Der Heilige Sankt Martin, von dem ein Leuchten ausgeht und dessen Licht wir in die Welt tragen, so wie es die Kinder ja mit ihren Laternen jedes Jahr am Martinstag besingen.
Doch Vorsicht! Wir dürfen keiner Sankt Martins Romantik verfallen und Martin von Tours nicht auf Mantel, Laternenumzüge und Martinswecken reduzieren. Das wird seinem Leben und Wirken in keiner Weise gerecht und deshalb ist es ein Glücksfall, dass sich die Bildhauerin Meide Büdel nicht von dem Offensichtlichen blenden ließ und Martin von Tours nicht auf einen Soldaten mit Pferd und Mantel reduziert hat, sondern uns auf den Schatz, den es zu bergen gilt, hinweist. Das heißt für uns: Da steckt noch viel mehr dahinter. Da gibt es wirklich einen großen Schatz von Erzählungen und Legenden seines Wirkens, der vielfach unbekannt ist. Erst alles zusammen macht das Leben von Sankt Martin aus.
Aber die wichtigste Botschaft der Martinstür erschließt sich für den Betrachter erst, wenn man ihr ganz nahekommt. Von weitem sieht man zwei goldene Türen. Doch wenn man davor steht, stellt man fest, dass es in Wirklichkeit nur einen goldenen Türflügel gibt, die zweite Tür ist ein Spiegel. Und in diesem Spiegel sehe ich dann nicht mehr den von Gold gekrönten Heiligen Sankt Martin. In diesem Spiegel sehe ich mich.
Ein Sankt Martin, Vorbild des Glaubens, Mann des Friedens und der Barmherzigkeit, will kein Monument sein, will nicht von uns verehrt werden. Das passt auch nicht zu einem Mann, der sich bei den Gänsen versteckte, als man ihn zum Bischof machen wollte. Sein leuchtendes und glänzendes Vorbild ist anziehend und lädt uns ein, durch diese Tür zu gehen sich zu verwandeln und selbst zum Heiligen zu werden.
So wie der Apostel Paulus im Brief an die Epheser im 2. Kapitel sagt: „So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen.“ Die Welt in der wir leben, mit ihren vielen dunklen Seiten, braucht Menschen wie Sankt Martin. Sie braucht glaubwürdige Boten des Evangeliums von der Liebe Gottes zu uns Menschen.
Unsere Welt braucht neue Heilige, uns alle. Amen
Begründung der Jury - Kunstwettbewerb